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Überblick zum neuen Europäischen Einheitspatentsystem, insbesondere bezüglich des Opt-Out-Antrags

Derzeit wird das neue Europäische Einheitspatentsystem implementiert, das voraussichtlich am 1. April 2023 startet. Die Einführung des Einheitspatentsystems hat Auswirkungen auf alle europäischen Patente, auch auf „alte“ europäische Patente, die bereits erteilt und in Kraft sind. Nähere Informationen zum neuen Einheitspatentsystem finden Sie im Folgenden.

Nach dem Start des Europäischen Einheitspatentsystems kann ein Anmelder einer Europäischen Patentanmeldung nach der Erteilung zwischen folgenden Möglichkeiten wählen:

 

    • Europäisches Einheitspatent, das einheitlich in (derzeit) 17 EU-Staaten in Kraft sein wird, u. a. in Deutschland, Frankreich und Italien. In der untenstehenden Abb. 1 sind dies die blau markierten EU-Staaten.

    • Klassisches Europäisches Patent, das wie bisher in einem oder mehreren der 39 Mitgliedstaaten (einschließlich Montenegro ab dem 1. Oktober 2022) der Europäischen Patentorganisation validiert wird. Dies sind in Abb. 1 alle blau und grün markierten Staaten.

    • Mischung aus dem Europäischen Einheitspatent, das in 17 EU-Staaten (s. Abb. 1 blau) in Kraft sein wird, und dem klassischen Europäischen Patent, das in einem oder mehreren der übrigen 22 Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation (s. Abb. 1 grün) validiert wird.

 

 

 

 

Abbildung 1: blau und grün: 38 EPÜ-Vertragsstaaten;
blau : 17 EU-Staaten des Einheitspatents

Bei dem neuen Einheitspatentsystem ist ein Einheitspatentgericht vorgesehen. Über dieses können u.a. Patentverletzungsverfahren oder Nichtigkeitsverfahren hinsichtlich eines Einheitspatents zentral durchgeführt werden. Das Einheitspatentgericht ist für Europäische Einheitspatente und für klassische Europäische Patente zuständig und somit auch für „alte“ Europäische Patente, die noch in Kraft sind. Allerdings sind bei einem klassischen Europäischen Patent während einer Übergangszeit zwischen 7 und 14 Jahren nach dem Start des Einheitspatentsystems zusätzlich zum Einheitspatentgericht wie bisher die nationalen Gerichte in den Ländern zuständig, in denen das klassische Europäische Patent validiert wurde. Mit anderen Worten erfolgt beispielsweise ein Patentverletzungsverfahren bei einem Einheitspatent zentral vor dem Einheitspatentgericht, während bei einem klassischen Europäischen Patent zwischen dem Einheitspatentgericht und den nationalen Gerichten gewählt werden kann.

Ein Patentinhaber eines klassischen Europäischen Patents hat die Möglichkeit – während der obenstehend angeführten Übergangszeit – die Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts auszuschließen. Hierfür ist es notwendig für das klassische Europäische Patent einen sogenannten „Opt-Out-Antrag“ zu stellen. Nach dem Ausschluss des Einheitspatentgerichts aufgrund eines Opt-Out-Antrags sind wie bisher ausschließlich die nationalen Gerichte für das klassische Europäische Patent zuständig.

In der untenstehenden Abb. 2 sind die verschiedenen Möglichkeiten aufgezeigt.

 

Abbildung 2: unterschiedliche Möglichkeiten hinsichtlich eines europäischen Patentschutzes

Ein Opt-Out-Antrag kann bereits 3 Monate vor dem Start des Einheitspatentsystems in der sogenannten „Sunrise-Period“ gestellt werden. Derzeit ist geplant, dass die Sunrise-Period am 1. Januar 2023 beginnt. Die Frage, ob für ein klassisches Europäisches Patent ein Opt-Out-Antrag gestellt werden soll, hängt vom Einzelfall ab. Ein Opt-Out-Antrag ist nur möglich, solange keine Klage vor dem Einheitspatentgericht anhängig ist.

Folgende Schritte sollten Patentinhaber und –anmelder von klassischen Europäischen Patenten im Hinblick auf das neue Einheitspatentsystem vornehmen:

 

    • Ein Patentinhaber von einem klassischen Europäischen Patent sollte sich im Vorfeld – also am besten vor dem Beginn der Sunrise-Period – im Klaren sein, ob ein Opt-Out-Antrag von Vorteil ist. Falls ja, sollte dieser in der Sunrise-Period eingereicht werden.

    • Hat ein klassisches Europäisches Patent mehrere Patentinhaber, so müssen diese gemeinsam über einen möglichen Opt-Out-Antrag entscheiden. Diese sollten somit hinsichtlich eines möglichen Opt-Out-Antrags eine – vorzugsweise schriftliche – Vereinbarung treffen.

Für Fragen zum neuen Einheitspatentsystem – beispielsweise zu den genannten Schritten – stehen wir Ihnen gerne persönlich zur Verfügung.

Weitere Informationen zum neuen Einheitspatentsystem finden Sie in unserem Whitepaper zum Download.