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Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster wird zum Unionsgeschmacksmuster – Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Die erste Phase der Reform des europäischen Designrechts ist am 1. Mai 2025 in Kraft getreten. Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen und Neuerungen zusammengefasst.

Was soll erreicht werden?

Die Reform zielt darauf ab, den Geschmacksmusterschutz zu modernisieren, klarzustellen und zu stärken. Der Zugang zum Geschmacksmusterschutz in der EU soll verbessert werden sowie eine Interoperabilität der Geschmacksmusterschutzsysteme in der EU gewährleistet werden. Ferner sollen die unterschiedlichen Regelungen betreffend die Reparaturklausel harmonisiert werden.

Was sind die wichtigsten Änderungen?

  • Die Terminologie wurde von „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ in „Unionsgeschmacksmuster“ geändert.
  • Die Inhaber von Geschmacksmustern können auf ihren Produkten einen Geschmacksmusterhinweis „Ⓓ“ anbringen.
  • Die Definition des Geschmacksmusters wird um Animationen (der Bewegung, der Zustandsänderung oder jeder anderen Art der Animation) erweitert.
  • Der Begriff des Erzeugnisses umfasst nun explizit nicht physische Objekte.
  • Die unerlaubten Handlungen wurden um das „Erstellen, Herunterladen, Kopieren und das Teilen oder Verbreiten von Medien oder Software, mit denen ein Geschmacksmuster aufgezeichnet wird, um die Herstellung eines Erzeugnisses, in das das Geschmacksmuster aufgenommen oder bei dem das Geschmacksmuster verwendet wird“ erweitert. Hiermit wird vor allem darauf abgezielt, eine Möglichkeit zu schaffen, gegen einen 3D-Druck von Erzeugnissen, für welche ein Designschutz vorliegt, vorzugehen.
  • Die Erschöpfung der Rechte wird auf das Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) (EU + Island, Liechtenstein und Norwegen) ausgedehnt, wenn ein Erzeugnis in diesem Gebiet vom Inhaber des Unionsgemeinschaftsgeschmacksmusters oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht wurde.
  • Das ausschließliche Recht an einem Geschmacksmuster gilt nicht für:
    • Handlungen, die dazu dienen, ein Erzeugnis als das des Inhabers des Geschmacksmusterrechts zu identifizieren oder darauf hinzuweisen (Ziel: Interoperabilität von Erzeugnissen)
    • Handlungen, die zum Zwecke der Beurteilung, Kritik oder Parodie erfolgen und die Wahrung des Rechts auf freie Meinungsäußerung gewährleisten sollen.

Was ändert sich bei der Reparaturklausel?

  • Die Übergangsregelung für Reparaturen, die derzeit in Artikel 110 der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung enthalten ist, wird zu einer dauerhaften Bestimmung.
  • Die neue Bestimmung legt fest, dass Bestandteile komplexer Erzeugnisse keinen EU-Geschmacksmusterschutz genießen, wenn sie ausschließlich zu Reparaturzwecken verwendet werden, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des Erzeugnisses wiederherzustellen.
  • Der Anwendungsbereich ist nun klarer: Er gilt nur, wenn das Erscheinungsbild des Bestandteils von dem des komplexen Erzeugnisses abhängt.
  • Darüber hinaus werden die Anforderungen an Ersatzteilhersteller dargelegt, darunter die Notwendigkeit einer ausreichenden Kennzeichnung der gewerblichen Herkunft des Produkts. Es wird jedoch präzisiert, dass sie nicht verpflichtet sind, sicherzustellen, dass die von ihnen hergestellten oder verkauften Bauteile ausschließlich zur Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds des komplexen Produkts verwendet werden.

Was ändert sich formal?

  • Unionsgeschmacksmusteranmeldungen können nicht mehr über nationale Ämter eingereicht werden.
  • Die Anmeldegebühr wird zu einem Anmeldetagerfordernis.
  • Die Möglichkeit zur Einreichung von Mustern wird abgeschafft.
  • Das Einheitlichkeitserfordernis der Klassen und die gestuften Gebühren für Sammelanmeldungen werden abgeschafft sowie die maximale Anzahl an Designs in einer Sammelanmeldung auf 50 erhöht.
  • Um die Veröffentlichung eines Unionsgemeinschaftsgeschmacksmusters zu verhindern, muss dieses aktiv vor Veröffentlichung zurückgenommen werden.
  • Die Gebühren für Verlängerungen werden erhöht.


Was ändert sich bei den Gebühren?

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BGH Urteil vom 26. Januar 2023 – I ZR 15/22 (KERRYGOLD-Entscheidung)

In einem Anfang dieses Jahres ergangenen Urteil (Urteil vom 26. Januar 2023, I ZR 15/22 – KERRYGOLD), hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) neben einer interessanten verfahrensrechtlichen Fragestellung zur Aktivlegitimation der Klägerin auch mit den Voraussetzungen des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsverbots gemäß § 4 Nr. 3 UWG auseinandergesetzt.

Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt

Die Klägerin vertreibt unter der Marke „KERRYGOLD“ seit 1973 verschiedene Milchprodukte, insbesondere Butter und Mischstreichfette in Deutschland. Die Produktverpackung der in Deutschland vertriebenen Butter hat einen goldenen (ungesalzene Butter) bzw. silbernen (gesalzene Butter) Grundton. Neben der Marke „KERRYGOLD“ ist auf der Produktverpackung der verschiedenen Varianten jeweils eine auf einer grünen Weide grasende schwarz-weiße Kuh abgebildet. Ferner ist über der Kuh bogenförmig der Hinweis „aus irischer Weidemilch“ angeordnet und rechts ist ein goldenes, rundes Siegel abgebildet.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein in Irland ansässiges Unternehmen, das in Deutschland ebenfalls Butter vertreibt, und zwar unter der Bezeichnung „DAIRYGOLD“. Die Beklagte verwendete bei der Verpackung ihrer Butterprodukte ebenfalls für die ungesalzene Variante einen goldenen und für die gesalzene Variante einen silbernen Grundton. Auf der Produktverpackung war in zentraler Position die Marke „DAIRYGOLD“ aufgebracht. Ferner wurden auf der Verpackung ebenfalls schwarz-weiße Kühe abgebildet, die auf einer grünen Wiese grasen. Im unteren Teil der Verpackung sind die Formulierungen „From Country Kerry“ und „original irische Butter“ aufgedruckt. Auch hier war im rechten Bereich der Verpackung ein goldenes, rundes Siegel positioniert.

Die Klägerin war der Auffassung, dass es sich bei den Produkten der Beklagten um unlautere Nachahmungen handelte und mahnte sie deshalb ab. Nachdem die Klägerin im Anschluss beim Landgericht Köln eine Unterlassungsverfügung erwirkt hatte (Urteil vom 20. Januar 2021, 84 O 252/19), ging der Streit durch mehrere Instanzen und landete letztendlich beim BGH.

Die zentrale materielle Rechtsfrage

Die Frage, die in diesem Fall erneut vom BGH geklärt wurde, war, ob Produktverpackungen dem Schutz vor Nachahmungen unterliegen, und falls ja, unter welchen Bedingungen. Grundsätzlich sind Mitbewerber lauterkeitsrechtlich durch § 4 Nr. 3 UWG vor Nachahmungen geschützt, falls die nachgeahmten Produkte eine wettbewerbliche Eigenart aufweisen. Der Wortlaut dieser Norm spricht aber von der Nachahmung von „Waren oder Dienstleistungen,“ und von einer dadurch erzeugten „vermeidbare[n] Täuschung der Abnehmer hinsichtlich der betrieblichen Herkunft“.

Wie ist also der Fall zu beurteilen, wenn es nicht um die wettbewerbliche Eigenart der Waren oder Dienstleistungen, sondern um deren Verpackung geht und auf der Produktverpackung bereits klagestellt wird, dass das Produkt von einem anderen Hersteller stammt?

Die Entscheidung des BGH

Der BGH entschied, dass die Produktverpackung der Produkte der Klägerin über die erforderliche wettbewerbliche Eigenart verfügt, es im konkreten Fall aber an ausreichend tatrichterlichen Feststellungen zur Frage der Herkunftstäuschung fehle.

a) Wettbewerbliche Eigenart

Wettbewerbliche Eigenart liegt dann vor, wenn die konkrete Ausgestaltung des Produkts oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 – I ZR 58/14). Dabei ist es nicht erforderlich, dass die angesprochenen Abnehmer den Hersteller namentlich kennen. Sie müssen aber aufgrund der Ausgestaltung oder der Merkmale des Produkts annehmen, es stamme von einem bestimmten Hersteller, wie immer dieser heißen möge.

In dem aktuellen Urteil stellte der BGH noch einmal klar, dass verpackten Produkten grundsätzlich eine wettbewerbliche Eigenart zukommen kann:

„Einem verpackten Produkt kann wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn die konkrete Gestaltung oder bestimmte Merkmale der Verpackung des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten der darin verpackten Ware hinzuweisen.“ (Rn. 34)

Im konkreten Fall nahm der BGH an, dass die Produktverpackung der Produkte der Klägerin aufgrund der oben dargestellten Gestaltungmerkmale (goldener bzw. silberner Grundton, auf grüner Wiese weidende Kühe, usw.) wettbewerblich eigenartig sind. Dem stehe auch nicht der teilweise produktbeschreibende Charakter einzelner Gestaltungselemente entgegen.

b) Nachahmung

Im konkreten Fall stellte der BGH fest, dass die Produktverpackungen der Beklagten eine nachschaffende Nachahmung darstellten. Die Beklagte übernehme für eigene Produktverpackungen gerade jene Gestaltungsmerkmale, die die wettbewerbliche Eigenart der Verpackung von Kerrygold begründeten, wie den ähnlich klingenden Markennamen „Dairygold“, das goldene Siegel, usw.

c) Herkunftstäuschung

Zunächst stellte der BGH klar, dass eine Herkunftstäuschung durch eine nachgeahmte Produktverpackung bei unterschiedlichen Produkt- oder Herstellerbezeichnungen nicht stets ausgeschlossen ist, wenn nicht alle wesentlichen Gestaltungsmerkmale des Originals identisch übernommen werden. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, müssen vielmehr alle Umstände des Einzelfalls in den Blick genommen werden, insbesondere ist zu berücksichtigen, welche Produkt- und Herkunftsbezeichnungen auf der Nachahmung verwendet werden und in welcher Weise dies geschieht.

Eine Herkunftstäuschung kann nämlich unmittelbar oder mittelbar sein. Der Verkehr kann entweder annehmen, dass es sich um das Originalprodukt handelt oder um eine Zweitmarke des Originalherstellers. Im konkreten Fall sei nach Ansicht des BGH weder die unmittelbare noch die mittelbare Herkunftstäuschung ausgeschlossen. Obwohl die Verpackungen unterschiedliche Produkt- und Herstellerbezeichnungen tragen, schloss der BGH eine mittelbare Herkunftstäuschung nicht aus. Wenn die Gefahr bestünde, dass der Verkehr annehme, es handle sich bei den „Dairygold“-Produkten um eine Zweitmarke oder eine neue Produktreihe der Klägerin, sei eine mittelbare Herkunftstäuschung nicht ausgeschlossen.

Der BGH war aber der Auffassung, dass nicht ausreichende Feststellungen zur Herkunftstäuschung getroffen wurden und hat das Verfahren daher an das OLG Köln zurückverwiesen.

Fazit

Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf den Schutz von Produktverpackungen im deutschen Wettbewerbsrecht und betont die Notwendigkeit einer umfassenden Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart sowie der Herkunftstäuschung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.  

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=133235&pos=25&anz=887