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Neue Fristenberechnung des EPA

Was wurde geändert?

Die Änderungen betreffen unter anderem die Regeln 126 (2), 127 (2) und 131 (2) EPÜ, die die Zustellung durch Postdienste und durch elektronische Mittel sowie die Berechnung von Fristen, die durch die Zustellung eines Schriftstücks ausgelöst werden, behandeln. (https://www.epo.org/de/legal/official-journal/2023/03/a29.html)

Was ist der Kern der Änderung?

Die neuen Regeln 126 (2), 127 (2) und 131 (2) EPÜ gelten ab 1. November 2023 und führen eine neue Zustellungsfiktion ein, wonach die postalische und die elektronische Zustellung an dem Tag als erfolgt gelten, auf den das Schriftstück datiert ist.

Wegfall der bisherigen 10-Tage-Regel

Mit diesen Änderungen entfällt die bisherige in Regel 126 (2) EPÜ bzw. Regel 127(2) EPÜ vorgesehene Zustellungsfiktion von 10 Tagen, wonach ein Schriftstück am zehnten Tag nach dem auf dem Schriftstück genannten Datum als zugestellt gilt, die bei der Berechnung von durch die Zustellung von Mitteilungen des EPA ausgelösten Amtsfristen berücksichtigt wird.

Was sind die Hintergründe der Änderungen?

Das EPA kommuniziert, dass die geänderte Zustellungsfiktion zu einer Vereinfachung für die Anmelder führt, weil damit die Zustellungsregelungen des EPÜ und des PCT stärker aneinander angeglichen werden. Die geänderten Vorschriften tragen damit dem Prinzip der unverzüglichen Zustellung in der digitalen Welt Rechnung.

Gibt es eine Absicherung bei Unregelmäßigkeiten?

Konnte ein Schriftstück nicht zugestellt werden, so ist das EPA in der Nachweispflicht. Kann das EPA die Zustellung des Schriftstücks nicht nachweisen, gilt wie bisher die Zustellungsfiktion nicht. Infolgedessen wird keine mit diesem Schriftstück verbundene Frist in Gang gesetzt. Das besagte Schriftstück wird vom EPA erneut ausgestellt und erhält ein neues Datum, wodurch sich die Anwendung der Zustellungsfiktion auf dieses spätere Datum stützt.

Ist dagegen ein Schriftstück außergewöhnlich spät zugegangen, findet die neue, im letzten Satz der geänderten Regeln 126 (2) und 127 (2) EPÜ eingeführte Absicherung Anwendung. Wenn die Zustellung angefochten wird und das EPA nicht nachweisen kann, dass das Schriftstück den Empfänger innerhalb von sieben Tagen nach dem Tag erreicht hat, auf den es datiert ist, verlängert sich eine durch den fiktiven Zugang dieses Schriftstücks ausgelöste Frist um die diese sieben Tage überschreitende Anzahl von Tagen (siehe auch Beispiel 3 unten).

Änderungen in der Praxis

Vereinfacht lässt sich sagen, dass durch diese Änderungen die Fristen im Allgemeinen um 10 Tage verkürzt sind. Der Wegfall der 10-Tage-Regel ist bei (den verlängerbaren) 4-Monats-Fristen in der Praxis nicht wirklich signifikant. Jedoch fallen 10 Tage weniger bei den kürzeren und vor allem nicht verlängerbaren Fristen schon deutlich mehr ins Gewicht. Beispiele für knappe Fristen wäre insbesondere die 1-Monats-Frist unter Regel 137(4) EPÜ („Basis für Änderungen“ – Artikel 123(2) EPÜ) sowie die 2-Monats-Frist unter Regel 63(1) EPÜ („unvollständige Recherche“).

Beispiele aus der Praxis

Im Anschluss werden einige Beispiele vom EPA gezeigt, um die neuen Regeln 126 (2), 127 (2) und 131 (2) EPÜ besser zu veranschaulichen.

Beispiel 1:

Die neuen Regeln 126 (2), 127 (2) und 131 (2) EPÜ gelten ab dem 1. November 2023 als Stichtag. Folgendes Beispiel soll einen Fall darstellen, in dem das Schriftstück (Prüfungsbescheid) vor diesem Datum, genauer gesagt auf den 28. Oktober 2023 datiert ist. In diesem Fall gilt das Vorgehen gemäß der alten 10 Tage-Regel.

Beispiel 2:

Das zweite Beispiel verdeutlicht das neue Vorgehen gemäß den Regeln 126 (2), 127 (2) und 131 (2) EPÜ, da das Schriftstück (Prüfungsbescheid) nach dem 1. November 2023, genauer gesagt auf den 13. November 2023 datiert ist. Die Frist läuft demnach am 13. März 2024 ab.

Beispiel 3:

Das dritte Beispiel veranschaulicht die eingeführte Absicherung gemäß dem letzten Satz der geänderten Regeln 126 (2) und 127 (2) EPÜ. Erhält ein Empfänger den Prüfungsbescheid (datiert auf den 13. November 2023) zwölf Tage später, also am 25. November 2023, so verlängert sich die Frist um fünf Tage (Frist verlängert sich um die Anzahl der Tage, um welche die sieben Tage überschritten wurden; 12 – 7 = 5 Tage). Die Frist läuft demnach am 18. März 2024 ab.

Fazit und Ausblick

Die neuen Regeln 126 (2), 127 (2) und 131 (2) EPÜ sollen die Fristenberechnung des EPA stärker an die moderne Praxis der unverzüglichen Zustellung anpassen und somit auch stärker an das PCT angleichen. Bei den (verlängerbaren) 4-Monats-Fristen, wie beispielsweise den Prüfungsbescheiden, fällt der Wegfall der 10 Tage nicht weiter ins Gewicht, wohingegen die ohnehin kürzeren Fristen, wie zum Beispiel die 1 Monats-Frist „Basis für Änderungen“, zukünftig sehr knapp bemessen sind (effektive Verkürzung der Frist immerhin ca. 33%). Wie sich die Änderungen neuen Regeln 126 (2), 127 (2) und 131 (2) EPÜ in Praxis auswirken und ob seitens des EPA weitere Anpassungen insbesondere bezüglich der kurzen Fristen vorgenommen werden müssen, wird sich künftig anhand von Fallbeispielen aus der Praxis herauskristallisieren müssen.